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Samstag, 8. Oktober 2016

Stromatolithen - Steine als älteste Lebensformen der Erde

Stromatolith oder auch „geschichtete Steine“, wurden zum ersten Mal von einem Steinbruch am Heeseberg (Jerxheim, Harzvorland) im Jahre 1908 durch den Mineralogen Ernst Kalkowski (1851-1937) beschrieben. Kalkowski vergleicht sie zunächst mit Schwämmen, stellt aber dann richtig fest das diese laminierten Formen in Wahrheit fossile Biofilme sind, die versteinerte schleimige Schicht die Kolonien von lebenden Mikroorganismen zusammenhaltet. Cyanobakterien und andere autotrophe Mikroben formen lange Ketten von Zellen, diese Filamente überwuchen das Substrat mit einer schleimigen Schicht und werden ihrerseits von neuen Sedimenten zugedeckt. Die Filamente wachsen durch diese Schicht wo sie sich wieder ausbreiten. Wird dies oft und lange genug wiederholt entwickelt sich ein fein laminiertes Gestein.

 
 Abb.1. Stromatolith aus Frankreich.

Die ältesten Gesteine der Erde sind auf 4 Milliarden Jahre datiert. Die ältesten indirekten Hinweise auf Leben sind 3,4 bis 3,7 Milliarden Jahre alt und stammen aus dem Grafit aus Isua in Westgrönland. Das chemische Verhältnis der Kohlenstoff-Isotope in diesem Grafit lässt sich nur durch biologische Aktivität erklären. Um 3,8 Milliarden Jahre endet auch das Zeitalter des „great bombardment“, mit einer deutlichen Abnahme der Anzahl der Impakte auf der Erde, die frühes und komplexeres Leben fast sicher immer wieder ausgelöscht hätten (und vielleicht auch haben).

Die ältesten gesicherten Stromatolithen sind auch um die 3,5 Milliarden Jahre alt und aus dem australischen Apex Chert und aus Schichten des afrikanischen Barbertown Mountain Land beschrieben.
Eine Sensation stellt daher die angebliche Entdeckung von 3,7 Milliarden Jahre Stromatolithen dar, die in den selben Gesteinen von Westgrönland entdeckt wurden die auch die chemischen Lebenssignaturen enthalten. Die Form der laminierten Gesteine und die Verteilung der chemischen Elemente darin sprechen laut Autoren der Studie dafür, das es sich um klassische Stromatolithen handelt. Allerdings gibt es rezente Beispiele von Entgasungen in schlammigen Sedimenten, die ähnliche Formen ohne Zutun von Lebensformen bilden können. Sollte die Entdeckung bestätigt werden würde es das Aufkommen von komplexen Lebensgemeinschaften, wie Mikrobenmatten sie darstellen, beträchtlich nach hinten in der Erdgeschichte verschieben.
Andere berühmte Fundorte von Stromatolithen liegen in Marokko, den Vereinigten Staaten und Kanada. Die primitivsten Formen scheinen wenig strukturiert zu sein, mit wellenförmigen Formen, später entwickelten sich Säulen und verzweigte Formen. Die Form hängt allerdings von verschiedenen Faktoren ab, vom Metabolismus der Mikroben, aber auch Sedimentation, Strömungen, Wassertemperatur und Ausprägung des Meeresbodens. 


Zwischen 2,5 bis 0,5 Milliarden Jahre waren Stromatolithen an den Stränden der ersten Kontinente weitverbreitet. Es handelt sich auch um die ersten riffbildenden Organismen überhaupt. Im Ordovizium und bis in die Kreide hinein treten sie in starke Konkurrenz mit höheren Organismen, die einerseits als Fressfeinde die Mikroorganismen direkt bedrohten, und andererseits das Substrat auf denen die Stromatolithen gedeihen stark störten. Die Organismen die Stromatolithen ausbilden können ziehen sich daher in extreme Lebensräume zurück, wo die Konkurrenz bedeutend niedriger ist und sie bis heute überleben. Bekannt sind die modernen Stromatolithen entlang der Meeresküste die 1956 in der australischen Shark-Bay entdeckt wurden. Hier bilden sie im Salzwasser bis zu einem Meter hohe Steinsäulen, aber auch ring- bis pilzförmige Strukturen oder einfache Agglomerate. Stromatolithen kommen auch im hypersalinen Seen und Brackwasser vor.

Das Studium der Stromatolithen hat auch eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung. Banded Iron Formations (oder BIFs) sind laminierte, 3,8-1,8 Milliarden Jahre alte quarzreiche Gesteine, in denen Lagen von Quarzit mit eisenreichen Lagen wechsellagern. In der sauerstofffreien Umgebung der primitiven Erde konnte sich Eisen, das aus vulkanischer Aktivität und Verwitterung stammt, im Meereswasser anreichern. In den Biofilmen reagiert das gelöste Eisen aber mit dem Sauerstoff den die Organismen bilden und formt die eisenhaltigen Lagen die heute abgebaut werden. In der zähen Schleimschicht der Bakterienmatte verfängt sich Sediment. Durch ihren Stoffwechsel verändern die Mikroben auch die Chemie des Wassers (vor allem pH) und es kommt zur Ausfällung von Quarz und Karbonat, was zu einer Verkittung und Versteinerung der Sedimentschicht führt. Die Bakterienfilamente wachsen durch diese Schicht hindurch und das Spiel kann von neuen beginnen. Die zyklische Ablagerung von Eisen widerspiegelt höchstwahrscheinlich Schwankungen im Stoffwechsel der Mikroben-Gemeinschaft.
In Australien sind BIFs des Algoma-Typs (linsenförmige BIFs die mit Vulkaniten und Sedimenten verzahnen) bis zu 500-1.000 Meter mächtige – Australien ist nach Brasilien der zweitgrößte Eisenerzproduzent der Welt.

Literatur:

SECKBACH, J. & WALSH, M. (2009): From Fossils to Astrobiology - Records of Life on Earth and the Search for Extraterrestrial Biosignatures. Springer: 546