Jede
Zivilisation, ob sesshaft oder Jäger-Sammler, schädigt oder verbraucht
die natürlich vorkommenden Ressourcen ihrer Umgebung. Bereits in der
Vorgeschichte folgte dem Auftauchen des Menschen ein Massensterben an
Großwild. Der frühe Mensch jagte nicht nur direkt die Tiere, sondern
durch Brandrodung zerstörte er oft auch ihre Umwelt. Ackerbau
verwandelte Wälder in Monokulturen in denen nur gewissen Pflanzen das
Wachstum erlaubt wurde. Diese einseitige Nutzung des Bodens laugte ihn
aus, ständige künstliche Bewässerung führte zur Versalzung des Bodens
und die absterbende Pflanzen konnten den Boden nicht mehr vor der
Erosion schützen.
Bereits der griechische Philosoph Platon (428/427 oder 424/423 bis 348/347 v.Chr.) beklagt:
„Der
gesamte humusreiche und saftige Boden von den höher gelegenen
Ländereien gleitet unaufhörlich abwärts und verschwindet in der Tiefe.
Nur das nackte Gerippe des Gebirges, dem Skelett eines Kranken
gleichend, ist übrig geblieben. Der kärgliche Boden des vegetationsarmen
Landes kann die jährlichen Niederschläge nicht mehr aufnehmen. Sie
fließen rasch ins Meer, sodass die Quellen und Bäche versiegen.“
Die
griechischen und später römischen Flotten verschlangen Unmengen an
Holz, so dass entlang des Mittelmeers ganze Küstenabschnitte
kahlgeschlagen wurden. Auch in den Alpen kann mittels Pollenanalyse das
Erscheinen der Römer und ihren Einfluss auf die Vegetation nachgewiesen
werden. Die Römer betrachteten Wälder als unkultivierte Wildnis und
Rodungen waren daher auch eine politische Handlung, wobei auch hier
einzelnen Stimmen, wie von Plinius der Ältere (23 oder 24 n.Chr. bis 79 n.Chr.),
auf die Gefahren der Erosion und Hochwasser hinweisen. Die römischen
Rodungen sind auch durch eine verstärkte Sedimentation rund um Rom
nachweisbar.
Die römischen Bergwerke für Gold und Eisen hatten der
Landschaft schweren Schaden zugefügt. Plinius der Ältere schreibt in
seiner „Naturalis historia“ „Als Sieger blicken die Bergleute
auf den Einsturz der Natur … Wie unschuldig glückselig, ja wie prächtig
wäre das Leben, wenn wir nicht anderes, als was über der Erde ist,
begehrten.“
Abb.1. Im
16-18. Jahrhundert werden die Alpen langsam von technischen und
wissenschaftlichen Neuerungen erobert, in diesem Bild des Holländischen
Künstlers C.D.Van der Hech sieht man einen Bergbau als Zeichen der
Zivilisation, der fast schon im Widerspruch mit der unberührten
Berglandschaft erscheint.
Während
den Wirren der Völkerwanderung erholte sich der Wald, vor allem in den
Talebenen breitete sich Auenwald aus. Die Rodung nahm ab dem Mittelalter
wieder beträchtlich zu, durch Nutzung der Hochflächen als Weiden und
vor allem durch das nötige Brennmaterial der Schmelzöfen der zahlreichen Bergwerke.
Im
Mittelalter führten die Rodungen im Einzugsbereich der Flüsse zur
Zunahme der Erosion und Absenkung des Grundwasserspiegels. Gerodete
Flächen lassen mehr Wasser abfließen und mehr Boden wird abgetragen.
Allein die Waldschicht hält wie ein Schwamm 10-15% der Niederschläge
zurück (und bis zu 30% an Schneefälle), die Abflussgeschwindigkeit am
Waldboden ist gerade mal 25% der Fließgeschwindigkeit auf nackten
Boden. Nach einer Rodung führt das zusätzliche Wasser zur Erosion von
Erde und Gestein, dieses Sediment wird von den Gebirgsbächen den
größeren Flüsse zugeführt.
Die zusätzliche Sedimentfracht
verschlammte die weiter unten liegenden Flüsse. Stehende Gewässer waren
aber ein perfektes Brutgebiet für Stechmücken die die Malaria
verbreiteten. Im eigenen Interesse führten daher die Venezianer als
Erste eine Art Naturschutz ein. In eigens angelegte Forste wurde Bauholz
gewonnen um so zeitgleich die natürlichen Wälder als Erosionsschutz zu
erhalten. Aber das Bevölkerungswachstum im europäischen Mittelalter
führte zu einer immer stärkeren Nutzung und Überbeanspruchung der
Wälder, so das erste Nutzungsbeschränkungen eingeführt wurden um
Schutzwälder im Gebirge zu erhalten. Um 1591 verfügte die Salurner
(Südtirol) "Rigelordnung":
"Es
soll auch niemand keinen raut im Wald nit machen noch prennen, weder
jetzt oder hinfür, ob aber in ain ort verhanden wär, da ainer gar ohn
schaden mit nuzperkait gmacht werden mechte, das selb ort sollen die
viertlmaister außzezeigen gwalt haben."
Erst
mit Ausbruch großer Seuchen im 14. Jahrhundert schrumpfte die
Bevölkerung und die Wildnis konnte sich einige Jahrhunderte lang
erholen. Mit dem Erneuten Aufkommen von Bergbau und vor allem dann mit
der industriellen Revolution begann eine neuerliche Attacke an den
Wäldern Europas von nie gesehenen Ausmaß.
Im
Jahre 1713 publizierte der Oberberghauptmeister in Freiberg (Zentrum
des Bergbauwesen im Erzgebirge, die Gewinnung von Silber, Kupfer, Zinn
und Kobalt verschlang gewaltige Mengen an Holz), Hans Carl von Carlowitz (1645-1714), ein Buch mit dem Titel „Sylvicultura oeconomica
– Anweisung zur Wilden Baum-Zucht“. Aus einer adeligen Familie
stammend, die das Floßwesen im Erzgebirge überwacht hatte, hatte er
Erfahrung mit der (Über-)Nutzung des Waldes und spätere ausgedehnte
Studienreisen bestätigten ihn in seiner Sichtweise.„Binnen wenig Jahren ist in Europa mehr Holz abgetrieben worden als in etzlichen seculis wachsen“, für kurzfristigen Profit wird der Wald gerodet aber „...durch Säen und Pflantzen und andere gehörige Arten in Stand erhalten werde, darauf denckt fast niemand.“ In seiner Sylvicultura fordert Carlowitz deshalb die „nachhaltende Nutzung“ dieser Ressource.
Abb.2. Waldrodung um 1700, aus "Sylvicultura oeconomica".
Im
20. Jahrhundert setze schließlich Umweltverschmutzung den Wäldern zu.
Heutzutage führt das Auflassen von Siedlungsraum in den Alpen zu einer
erneuten Zunahme des Waldanteils, wobei es jedoch lokal doch auch große
Probleme mit Schipisten oder Verbauungen gibt.
Literatur:
THOMMEN, L. (2009): Umweltgeschichte der Antike. Verlag C.H.Beck: 188