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Samstag, 26. November 2016

Vegetation und Lawinen

Lawinenabgänge schaffen Standorte, indem sie Bäume entwurzeln und so auch in einem dichten Wald Licht auch auf den Boden gelangt. Wasser und Nährstoffe sind in einem Lawinenstrich reichlich vorhanden. Da der Kahlschlag zur Mitte hin zunimmt, liegen verschiedene ökologische Nischen, von dunklen Wald zur lichten Böschung, nahe beieinander, was die Biodiversität fördert. Forscher der Eidgenössischen Instituts für Schnee- und Lawinenforschung in Davos zählten bis zu 140 verschiedenen Pflanzenarten in aktive Lawinenstriche. Je häufiger Lawinen umso höher der Artenreichtum. 

 
Über Lawinenwirkungen und die Häufigkeit von Lawinenabgängen kann die Vegetation Aufschluss geben:

Häufigkeit des
Lawinenabganges
Vegetation
1-2 Jahre
Kahle Flächen, Buschwerk
2-10
Jungwuchs bis etwa 2m Höhe, Laubgehölz
10-25
Nadelholz-Jungwald, Laubbäume
25-100
Nadelwald bis 100 Jahre alt
Über 100
Alter Nadelwald über 100 Jahre alt

Samstag, 5. November 2016

Der Schuttmantel unserer Berge

In den Alpen spielt neben dem Klima auch die Geomorphologie eine wichtige Rolle für die Vegetation.  Kalkgebirge weisen oft steile Klippen auf die den Bewuchs mit höheren Pflanzen fast unmöglich machen, obwohl von der Höhe und Klima her noch Baumwuchs möglich wäre. Silikatgebirge weisen eher sanfte Hänge, die mit Grasheiden bestanden sind, auf. Dies hängt teilweiße von der unterschiedlichen Verwitterbarkeit der Gesteine ab. Kalkgestein bildet Klippen aus und Schutthalden am Fuß der Felswände sind im Karbonatgebieten meist grobblockiger, während metamorphe Silikatgesteine eher sanfte Berghänge ausbilden und zu Feinschutt verwittern.

Schuttablagerungen am Fuß einer Felswand scheinen von weitem immer steiler zu sein als sie dann tatsächlich sind. Es handelt sich dabei um eine optische Täuschung.Sind die Bilder die unsere beiden Augen unter leicht verschiedenen Winkeln wahrnehmen zu ähnlich, kann das Gehirn keine Tiefenwahrnehmung mehr generieren, der obere Teil scheint daher der Basis des Schuttkegels angenähert zu sein. Von weitem verschwimmen auch die Details, wie Blöcke, auf dem Schutt und das Bild wird noch weniger klar für das Gehirn um es richtig zu interpretieren. Tatsächlich wird die Hangneigung von lockeren Material durch den inneren Reibungswinkel des Materials beschränkt. So ordnen sich Sandkörner dachziegelartig an und verhaken sich ineinander, sodass der Reibungswiederstand und damit der Reibungswinkel am größten ist und die Neigung  30-35° erreichen kann.
 
Schieferschutt bildet schwach saure bis basische Böden auf wenig geneigten Hängen aus, typisch ist hier eine Seifenkraut-Mannsschildflur-Gesellschaft. 

Abb.1. Seifenkraut - Saponaria pumila (Caryophyllaceae).

Falls Bewegtschutt kommen Pionierpflanzen wie Gletscherhahnenfuß, Kriechender Nelkenwurz und Moschussteinbrech auf. Krummseggenrasen sind typisch auf humusreiche, stabilisierte und schwach geneigte (10-20°) Hänge der alpinen Stufe.
Grobblockhalden wie sie Bergstürze bilden werden von einem Silikat-Alpenrose-Lärchen-Zirbenwald, mit Unterwuchs der Rostroten Alpenrose, Heidelbeere, Preiselbeere, vereinzelt Eberesche, besiedelt. Auf feuchtere, tonige Böden, auf durchfeuchteten Hangschutt, Quellgebieten und Lawinenhänge kommt die Grünerle (Alnus viridis) auf. 


Schutthalden, vor allem in Kalkgestein, sind instabile Lebensräume. Stetig rutscht das Material nach unten und von oben erfolgt Steinschlag. Schuttwanderer, wie das Täschelkraut (Thlaspi rotundifolium), überleben indem die Triebe der Bewegung nachgeben. Schuttüberkriecher breiten sich über die Gerölloberfläche aus. Wurzeln sind sehr viel flexibler in ihrer Form als der Spross, da sich die Wurzeln notgedrungen an die Verhältnisse im Boden anpassen mussten (Wurzeln von Gräsern haben eine Zugfestigkeit von bis zu 50kg/cm2, Bäume bringen es zu 160 50kg/cm2).

Schuttstrecker überleben auch Überdeckung und treiben immer wieder aus. Schuttdecker und Schuttstauer, wie Gipskraut (Gypsophila sp.), Silberwurz, Blaugras (Sesleria) und Horstseggen (Carex) bilden erste Ruhepunkte in einer Schutthalde. Lotrechte Kalk- und Dolomitwände werden von Felspflanzen, die hier frei von Konkurrenz leben können, und mikroskopischen Algen und Flechten, die den Felsen zersetzten, besiedelt.

Abb.2. Täschelkraut - Thlaspi rotundifolium (Brassicaceae), verblüht.

Karbonat-Alpenrosen-Lärchenwald (Karbonatschuttgesellschaft) treten auf Kalk- und Dolomitgestein auf, meist an steile, nordexponierte Hänge. Rohschutthalden (mit flach- bis mittelgründige Humuskarbonatböden) fördern einen Blaugras-Horstseggen-Rasen. 
Kalkschutt-“Reißen“ die manchmal bis ins Tal reichen werden durch die Legföhre (Pinus mugo) besiedelt. 

Felsspaltengesellschaften Felsschuttgesellschaften und Rasengesellschaften spielen eine wichtige Rolle im Hochgebirge als stabilisierende Faktoren für Geröll- und Schutthalden.

Samstag, 8. Oktober 2016

Stromatolithen - Steine als älteste Lebensformen der Erde

Stromatolith oder auch „geschichtete Steine“, wurden zum ersten Mal von einem Steinbruch am Heeseberg (Jerxheim, Harzvorland) im Jahre 1908 durch den Mineralogen Ernst Kalkowski (1851-1937) beschrieben. Kalkowski vergleicht sie zunächst mit Schwämmen, stellt aber dann richtig fest das diese laminierten Formen in Wahrheit fossile Biofilme sind, die versteinerte schleimige Schicht die Kolonien von lebenden Mikroorganismen zusammenhaltet. Cyanobakterien und andere autotrophe Mikroben formen lange Ketten von Zellen, diese Filamente überwuchen das Substrat mit einer schleimigen Schicht und werden ihrerseits von neuen Sedimenten zugedeckt. Die Filamente wachsen durch diese Schicht wo sie sich wieder ausbreiten. Wird dies oft und lange genug wiederholt entwickelt sich ein fein laminiertes Gestein.

 
 Abb.1. Stromatolith aus Frankreich.

Die ältesten Gesteine der Erde sind auf 4 Milliarden Jahre datiert. Die ältesten indirekten Hinweise auf Leben sind 3,4 bis 3,7 Milliarden Jahre alt und stammen aus dem Grafit aus Isua in Westgrönland. Das chemische Verhältnis der Kohlenstoff-Isotope in diesem Grafit lässt sich nur durch biologische Aktivität erklären. Um 3,8 Milliarden Jahre endet auch das Zeitalter des „great bombardment“, mit einer deutlichen Abnahme der Anzahl der Impakte auf der Erde, die frühes und komplexeres Leben fast sicher immer wieder ausgelöscht hätten (und vielleicht auch haben).

Die ältesten gesicherten Stromatolithen sind auch um die 3,5 Milliarden Jahre alt und aus dem australischen Apex Chert und aus Schichten des afrikanischen Barbertown Mountain Land beschrieben.
Eine Sensation stellt daher die angebliche Entdeckung von 3,7 Milliarden Jahre Stromatolithen dar, die in den selben Gesteinen von Westgrönland entdeckt wurden die auch die chemischen Lebenssignaturen enthalten. Die Form der laminierten Gesteine und die Verteilung der chemischen Elemente darin sprechen laut Autoren der Studie dafür, das es sich um klassische Stromatolithen handelt. Allerdings gibt es rezente Beispiele von Entgasungen in schlammigen Sedimenten, die ähnliche Formen ohne Zutun von Lebensformen bilden können. Sollte die Entdeckung bestätigt werden würde es das Aufkommen von komplexen Lebensgemeinschaften, wie Mikrobenmatten sie darstellen, beträchtlich nach hinten in der Erdgeschichte verschieben.
Andere berühmte Fundorte von Stromatolithen liegen in Marokko, den Vereinigten Staaten und Kanada. Die primitivsten Formen scheinen wenig strukturiert zu sein, mit wellenförmigen Formen, später entwickelten sich Säulen und verzweigte Formen. Die Form hängt allerdings von verschiedenen Faktoren ab, vom Metabolismus der Mikroben, aber auch Sedimentation, Strömungen, Wassertemperatur und Ausprägung des Meeresbodens. 


Zwischen 2,5 bis 0,5 Milliarden Jahre waren Stromatolithen an den Stränden der ersten Kontinente weitverbreitet. Es handelt sich auch um die ersten riffbildenden Organismen überhaupt. Im Ordovizium und bis in die Kreide hinein treten sie in starke Konkurrenz mit höheren Organismen, die einerseits als Fressfeinde die Mikroorganismen direkt bedrohten, und andererseits das Substrat auf denen die Stromatolithen gedeihen stark störten. Die Organismen die Stromatolithen ausbilden können ziehen sich daher in extreme Lebensräume zurück, wo die Konkurrenz bedeutend niedriger ist und sie bis heute überleben. Bekannt sind die modernen Stromatolithen entlang der Meeresküste die 1956 in der australischen Shark-Bay entdeckt wurden. Hier bilden sie im Salzwasser bis zu einem Meter hohe Steinsäulen, aber auch ring- bis pilzförmige Strukturen oder einfache Agglomerate. Stromatolithen kommen auch im hypersalinen Seen und Brackwasser vor.

Das Studium der Stromatolithen hat auch eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung. Banded Iron Formations (oder BIFs) sind laminierte, 3,8-1,8 Milliarden Jahre alte quarzreiche Gesteine, in denen Lagen von Quarzit mit eisenreichen Lagen wechsellagern. In der sauerstofffreien Umgebung der primitiven Erde konnte sich Eisen, das aus vulkanischer Aktivität und Verwitterung stammt, im Meereswasser anreichern. In den Biofilmen reagiert das gelöste Eisen aber mit dem Sauerstoff den die Organismen bilden und formt die eisenhaltigen Lagen die heute abgebaut werden. In der zähen Schleimschicht der Bakterienmatte verfängt sich Sediment. Durch ihren Stoffwechsel verändern die Mikroben auch die Chemie des Wassers (vor allem pH) und es kommt zur Ausfällung von Quarz und Karbonat, was zu einer Verkittung und Versteinerung der Sedimentschicht führt. Die Bakterienfilamente wachsen durch diese Schicht hindurch und das Spiel kann von neuen beginnen. Die zyklische Ablagerung von Eisen widerspiegelt höchstwahrscheinlich Schwankungen im Stoffwechsel der Mikroben-Gemeinschaft.
In Australien sind BIFs des Algoma-Typs (linsenförmige BIFs die mit Vulkaniten und Sedimenten verzahnen) bis zu 500-1.000 Meter mächtige – Australien ist nach Brasilien der zweitgrößte Eisenerzproduzent der Welt.

Literatur:

SECKBACH, J. & WALSH, M. (2009): From Fossils to Astrobiology - Records of Life on Earth and the Search for Extraterrestrial Biosignatures. Springer: 546

Freitag, 30. September 2016

Zitat: Ich brauche nicht des Längeren...

Ich brauche nicht des Längeren die Freude und das Vergnügen darzulegen, welche uns die Kenntnis der Pflanzen bringt, denn es gibt niemanden, der nicht wüsste, dass nichts im Leben so freudenreich und vergnüglich ist, wie durch die Wälder zu wandern und über Berge und Wiesen, die mit diesen vielfältigen, erlesenen Blumen und Kräuter bekränzt und geziert sind, und sie mit offenen Augen zu schauen. Freude und Vergnügen werden nicht wenig erhöht, wenn das Verständnis ihres Nutzens und ihrer Kräfte hinzukommt. Denn im Lernen ist so viel Freude und Vergnügen wie im Schauen.
 
Titelblatt der "De Historia Stirpium commentarii insignes", Leonhart Fuchs (1542).

Donnerstag, 29. September 2016

Naturforscher Ulisse Aldrovandi (1522-1605)

Ich habe niemals etwas beschrieben, ohne es zuvor mit eigenen Augen gesehen und die Anatomie seiner äußeren wie inneren Teile untersucht zu haben.“
Ulisse Aldrovandi

Der italienische Philosoph, Mediziner und Naturforscher Ulisse Aldrovandi  (1522-1605) erkannte den Wert den genaue Beobachtungen und Darstellungen für die Naturwissenschaften haben konnte, sein Erbe ist eine der schönsten Sammlung von Tier- und Pflanzendarstellungen der Renaissance. Aldrovandi war aber auch ein Verfechter der nützlichen Wissenschaften – Wissenschaft sollte dem Menschen und besonders seiner Gesundheit nützen. So erstellte er einen Katalog der Arzneien für die Apotheken in Bologna und gründete dort auch einen öffentlich zugänglichen botanischen Garten (Pflanzen waren zur damaligen Zeit wichtige Heilmittel).
Aldrovandi war bestrebt einen Katalog aller bekannten Arten von Tieren, Pflanzen und Mineralien zu veröffentlichen, am wichtigsten war ihm dabei die persönliche Erfahrung mit dem Studienobjekt. Er reiste daher ausgiebig in Italien und ließ sich zahlreiche Exemplare von exotischen Tieren zuschicken. Nach 50 Jahren Sammeltätigkeit enthielt sein Museum über 18.000 „natürliche Dinge“, Proben als auch Abbildung von Naturobjekten, darunter 7.000 getrocknete Pflanzen. 1571 beschrieb es ein Besucher als „ein Kompendium aller natürlichen Dinge, die man unter und über der Erde, in der Luft und im Wasser findet“. Aldrovandi hatte über 8.000 Aquarelle im Auftrag gegeben (3.000 existieren noch) die Studien- und Lehrzwecke dienten. Zu seinem Lebzeiten wurden Kopien dieser Abbildung in drei Bücher über die Vögel und eines über Insekten veröffentlicht, neun Bände, davon einer über Monster, wurden nach seinem Tod veröffentlicht. Aldrovandis gesamte Sammlung und Bibliothek diente als Grundlage des ersten öffentlichen Museums von Bologna.

Der Steinbock, Abbildung aus  Aldrovandis Sammlung, um 1605.

Sonntag, 25. September 2016

Die Gipfelregionen der Alpen - Leben am Limit

Sammelkarte mit der Alpinen Fauna, um 1909.

In den Alpen können die Klimazonen von den mittleren Breiten bis in die Polargebiete in nur wenigen Stunden durchstreift werden – Pflanzen und Tiere mussten sich diesen extremen Lebensräumen anpassen.

Freitag, 23. September 2016

Auswirkungen des Klimawandels auf die Gebirgspflanzen

Der Klimawandel trifft die Gebirge dieser Welt besonders hart. Steigenden Temperaturen führen zur Verschiebungen der klimatischen Höhenstufen mit Auswirkungen auf das Gebirge selbst aber auch Veränderungen der Fauna und Flora. Allerdings ist die Auswirkung auf Organismen schwierig zu erfassen, genaue Daten über die höhenabhängige Verbreitung von Tieren und Pflanzen gibt es erst seit gut 150 bis 200 Jahren. Eine der ersten Arbeiten war dabei die botanische Erfassung des 6.268 Meter hohen Chimborazo im Jahre 1802 durch den Naturforscher Friedrich Alexander Freiherr von Humboldt (1769-1859) und Botaniker Aimé Jacques Alexandre Bonpland (1773-1858). Die beiden Forscher sammelten nicht nur Pflanzen sondern maßen auch verschiedene klimatische Parameter, wie Temperatur und Luftdruck. Die Ergebnisse wurden in 1805 unter dem Titel „Essai sur la géographie des plantes“ publiziert, nebst einem Querschnitt des Gebirges mit den verschiedenen Vegetationsstufen.
Eine moderne Forschergruppe folgte den Spuren dieser beiden Pioniere beinahe 200 Jahre später und kartierte die heutige Verbreitung von Pflanzen und die Schneelinie am Chimborazo, die Ergebnisse wurden 2015 im Paper „Strong upslope shifts in Chimborazo's vegetation over two centuries since Humboldt“ veröffentlicht.
 
Die Forscher kartierten ab 3.800m Höhe in 100m Stufen die dort angetroffene Vegetation. Die Ergebnisse erstaunten die Wissenschaftler. Während Humboldts Untersuchung lag die Vegetationsgrenze bei 4.600m, heutzutage wurden noch bei 5.185m lebensfähige Pflanzen vorgefunden. Eis traf Humboldt auf 4.814m an, heute hat sich die Eiskappe des Chimborazo auf 5.270m zurückgezogen, wahrscheinlich, neben den steigenden Temperaturen, auch aufgrund verminderter Niederschläge. In den unteren Vegetationsgürtel konnten bestimmte Pflanzenarten um die 500 bis 700m höher als zu Humboldts Zeiten angetroffen werden.
 
Auch in den Alpen gibt es einige historische Untersuchungen die die  Auswirkungen des Klimawandels in den letzten 150 Jahren aufzeigen. Der Klimawandel trifft den Alpenraum besonders hart, hier war der Temperaturanstieg vom späten 19. Jahrhundert bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts um die  2°C, doppelt so hoch wie im globalem Durchschnitt. Prognosen sprechen von weiteren 2-5°C in den nächsten hundert Jahren. Die höheren Temperaturen haben nicht nur Einfluss auf Felsen und Steinschlag, Gletscher ziehen sich zurück und der Permafrost schmilzt ab, sondern auch auf Pflanzen und Tiere der Alpen. 

Abb.1. Der Rotmoosferner in der Ötztaler Gebirgsgruppe im Jahre 2006.
 
Der Schweizer Alpinist und Botaniker Oswald Heer war einer der Ersten der vegetationskundliche Aufnahmen im europäischen Hochgebirge durchführte. Im Jahre 1835 zählte er nur eine höhere Pflanze – den Alpen-Mannsschild - auf dem 3.411m hohen Piz Linard in der Silvretta-Gruppe.
  • 1864 tauchte der Gletscher-Hahnenfuß und eine Margeriten-Art auf
  • 1895 zwei Steinbrech-Arten
  • 1911 waren es schon weitere acht Arten
  • 1937 waren es schließlich zehn Arten.
Auf der Napfspitze (Zillertaler Alpen) konnte ebenfalls eine Zunahme der Pflanzenarten von 31 auf 53 Arten beobachtet werden. In der Bernina-Gruppe stieg in den letzten 100 Jahren die Artenanzahl von 10 auf 28. Diese Untersuchung zeigte allerdings auch auf das die absolute Diversität in der Höhe abnimmt - die Gipfel werden immer einheitlicher in ihrer Pflanzendecke untereinander.
 
Weit über ein Drittel aller europäischen Gefäßpflanzen findet man den Alpen, ein Ergebnis der geologischen und klimatologischen Vielfalt dieses Gebirges. Allerdings folgen die Pflanzen den abschmelzenden Gletschern. Auf zunehmende Temperaturen reagieren Pflanzen zeitverzögert mit einem Höhersteigen oder mit unterschiedlichen physiologischen Reaktionen. Alpen-Wundklee (Anthyllis sp.) und Moränenklee (Trifolium sp.) steigern zum Beispiel ihr Wachstum. Bei acht häufigen Alpenpflanzen, wie das Flattnitz-Felsblümchen (Draba fladnizensis) und Gegenblatt-Steinbrech (Saxifraga oppositifolia), wurden maximale Vertikalbewegungen von 4m in 10 Jahren beobachtet, viele Arten wandern allerdings nicht oder kaum höher. Jedoch werden Spezialisten durch die wenigen Arten die vom Klimawandel profitieren nach oben hin verdrängt, wo weniger Lebensraum vorhanden ist.

Abb.2. Saxifraga oppositifolia im Gletschervorfeld des Rotmoosferners.

Die Baumgrenze hat sich in den Alpen um 100 Höhenmeter nach oben verschoben, in den dunklen Wäldern können viele lichtbedürftige Pflanzenarten nicht überleben. Montane und Subalpine Arten (Zwergsträucher und Bäume) verdrängen bei ihrem Höhersteigen weiter oben alpine Spezialisten. In verschiedenen Gebirgen der Erde sind Bäume bereits 10 bis 500m höher als in der Vergangenheit anzutreffen, auch breitere Baumringe sind ein Hinweis auf bessere Wachstumsbedingungen für diese Pflanzengruppen. 

Die höchsteigenden Pflanzen in den Alpen sind der Gletscherhahnefuß (Ranunculus glacialis) der auf 4.270m am Finsterahorn noch gefunden wurde, der Gletscher-Mannschild (Androsace alpina), der am Matterhorn auf 4.200m gefunden wurde und der Zweiblüten-Steinbrech (Saxifraga biflora) der bis auf 4.450m steigt. Es sind Spezialisten der offenen Wuchsorte, wie sie Geröllschutt bietet, die in den alpinen Rasen nicht konkurrenzfähig sind. Sie können auch kaum auf höhere Standorte ausweichen, da die Gipfel der Alpen nach oben hin begrenzt sind. Besonders endemischen Arten, die nur auf wenige Gipfel gefunden werden, könnte der Klimawandel gefährlich werden. Die meisten alteingesessen Alpenpflanzen der höheren Lagen können ab einer Temperatur von 5°C wachsen. Beobachtungen zeigen nun das Pflanzen oberhalb der Waldgrenze jedoch nicht einfach auf die Temperaturzunahme reagieren. Ihr Wachstum wird von der Tageslänge im Frühjahr bestimmt. Dadurch entsteht ihnen ein Nachteil zu den Neuankömmlingen. Diese Arten, die sich nach der Temperatur richten, können durch die allgemeine Erwärmung früher mit dem Wachstum starten und sich schneller ausbreiten und so den alteingesessen, lichtorientierten Pflanzen den Platz wegnehmen.

Eine Veränderung der Temperaur und des Niederschlags wirkt sich nicht nur direkt auf die Pflanzen aus, sondern verändert auch ihre Umgebung. Rutschungen und Felsstürze können im Hochgebirge häufiger werden. Steile Felsen und Klippen können Pflanzen nicht hinaufkletter, Der Boden ist in höheren Lagen auch nicht so gut entwicklet wie in den tiefern Lagen. Viele Böden benötigen Jahrhunderte bis Jahrtausende um sich zu entwickeln, erst in einer fernen Zukunft könnte sich daher hoch in den Bergen gute Böden für die ausweichenden Pflanzenarten entwicklen.
 
 

Literatur:
 
GAMS, H. (1935): Das Pflanzenleben des Glocknergebietes. Zs. d.D.u.Ö.AV, Bd.66: 168
KLEBELSBERG, R.v. (1913): Das Vordringen der Hochgebirgsvegetation in den Tiroler Alpen. Sonderabr. a.d.ÖBZ, Jg. 63:23

STEINBAUER, M.J. et al. (2018): Accelerated increase in plant species richness on mountain summits is linked to warming. Nature, Vol.556:231-234

Mittwoch, 21. September 2016

Naturforscher Conrad Gesner (1516-1565)

Ich habe niemals etwas beschrieben, ohne es zuvor mit eigenen Augen gesehen und die Anatomie seiner äußeren wie inneren Teile untersucht zu haben.“
Ulisse Aldrovandi

Gesner wurde 1516 in Zürich geboren. Er hatte ein natürliches Talent für Sprachen und studierte später Medizin in Basel. Ab 1554 wirkte er als Oberstadtarzt in Basel. Er liebte das Sammeln von Kuriositäten wie exotische Tiere, getrocknete Pflanzen, Edelstein, Mineralien und Fossilien. Pflanzen und Mineralien spielten außerdem in der damaligen Medizin eine wichtige Rolle als natürlich vorkommende Heilmittel (Materia medica). Er veröffentlichte Historia animalium (1551-1558) und Fossilia, das erste gedruckte und bebilderte Buch über Fossilien, sein Historia plantarum blieb leider unveröffentlicht, da er kaum 50-jährig an der Pest erkrankte und verstarb.
 
Historia animalium wurde als „Allgemeines Thierbuch“ ins Deutsche übersetzt. Es sollte eine Art Nachschlagewerk über alle bekannten Tierarten werden, in dem alles wissenswertes und bekanntes über das jeweilige Tier aufgezeichnet wurde. Jede Tierart wird in einer Abbildung mit begleitenden Text vorgestellt, wobei die Abbildungen und Beschreibungen teilweise von älteren Autoren übernommen wurde (darunter auch Werke des italienischen Gelehrten Ulisse Aldrovandi, 1522-1605). Der erste Band behandelt die lebend gebärenden Vierfüßler, der zweite die Eier legenden Vierfüßler, der dritte Band die Vögel und der vierte die Wassertiere. Im Gesners Werk findet man auch die älteste gedruckte Abbildung einer Gams (Rupicapra rupicapra) neben anderen typischen Tieren der Alpen.

Die Gams aus Gesners Allgemeines Thierbuch“ (1565).

Samstag, 10. September 2016

Alexander Freiherr von Humboldt und die Pflanzenkunde

"Auf das Zusammenwirken der Kräfte, den Einfluss der unbelebten Schöpfung auf die belebte Thier- und Pflanzenwelt, auf diese Harmonie sollen stets meine Augen gerichtet sein."

"Wir sind wunderbare Ketzer: Leute, welche die Welt durchlaufen, um Pflanzen zu suchen."

Alexander von Humboldt (1799)

Friedrich Alexander Freiherr von Humboldt (1769-1859) stammt aus einer angesehenen und reichen Familie. Bereits als Jugendlicher interessierte er sich für Naturbeobachtung, besonders angetan hatten es ihm Pflanzen und er wird zeitlebens seine Liebe zur Botanik betonen.

In 1797 erbte er den gesamten Familienbesitz - Humboldt war nun finanziell komplett unabhängig und frei sich einen großen Kindheitstraum zu erfüllen: eine ausgedehnte Forschungsexpedition in die Tropen.
Humboldt bereitete sich gewissenhaft darauf vor, so besuchte er verschiedene naturwissenschaftliche Sammlungen um sich zu dokumentieren. Ende April 1798 lernte er dabei den französischen Botaniker Aimé Jacques Alexandre Bonpland (1773-1858) kennen. Bonpland plante eigentlich eine Teilnahme an der Baudin-Expedition, die Australien erkunden sollte, aber da diese auf unbestimmte Zeit verschoben wurde schloss Bonpland sich Humboldt an. Im Juni 1799 war es soweit und sie schifften sich nach Venezuela ein. Die beiden Naturkundler besuchten Venezuela, Kolumbien, Peru, Ecuador, Mexiko und Kuba. Sie bestiegen den Chimborazo und erforschten den Amazonas. Humboldt und vor allem Bonpland legen etwa 60.000 Herbarien-Blätter an mit insgesamt 6.000 Arten von denen 3.000 der damaligen Wissenschaft noch unbekannt waren. In dem Buch „Essai sur la geographie des plantes“ - Humboldt widmete übrigens die deutsche Ausgabe seiner Schriften zur Geographie der Pflanzen seinem Freund Johann Wolfgang von Goethe - beschreibt Humboldt zum Ersten Mal den Einfluss von Höhe, Lage, Temperatur und Klima auf das Pflanzenwachstum. Die von ihm gegründete Pflanzengeographie führte zur modernen Pflanzenökologie.

 
Abb.1. Auch Dichter und Naturforscher Goethe beschäftige sich mit Botanik, in einem Brief von 1807 an Humboldt fügte er eine Zeichnung einer andinen (mit Vulkan) und alpinen Landschaft bei, erkennbar sind die verschiedenen Höhenstufen mit ihren charakteristischen Pflanzen.

In einer Zeit in der die meisten Botaniker eher nur daran interessiert waren Pflanzen zu bestimmen und zu katalogisieren, war Humboldts Methode eine Neuerung – die Pflanze wurde als Teil eines komplexen Netzwerks gesehen, verschiedene Arten waren voneinander abhängig wie auch beeinflusst von der Umwelt. 

Abb.2. Profile der Höhenstufen und Vegetationsgürtel der Erde, aus dem Berghaus-Atlas (1845-1862), als Beilage zu Humboldts Lebenswerk "Kosmos" gedacht später aber als eigenes Buch herausgebracht In dieser Darstellung erreicht Humboldts Philosophie ihren Höhepunkt: die Geologie der Vulkane, die Klimata verschiedener Höhenstufen, die Exposition und Neigung der Topographie - alles Faktoren die die Vegetationsgürtel beeinflussen - ihrereseits können die Pflanzen abiotische Faktoren wie Luftfeuchtigkeit und Niederschlag beeinflussen - die Natur als vernetztes "Ganzes".

Literatur:

EGERTON, F.N. (2009): A History of the Ecological Sciences, Part 32: Humboldt, Nature's Geographer. Bulletin of the Ecological Society of America: 253-282
HUBMANN, B. (2009): Die großen Geologen. Marix-Verlag: 192
WULF, A. (2015): The Invention of Nature: Alexander von Humboldt's New World. Knopf Publisher: 496

Mittwoch, 7. September 2016

Zitat: Die Naturkunde...

Die Naturkunde in ihrem vollem Umfang ist eine unermessliche Geschichte, sie umfasst alles, womit uns das Universum beschenkt. Diese wunderbare Vielfalt von Vierfüßlern, Vögeln, Fischen, Insekten, Pflanzen, Mineralien etc. bietet der Neugier des menschlichen Geistes ein riesiges Schauspiel, in dem das Ganze so groß ist, wie es erscheint und wie es ist, und seine Einzelheiten so unerschöpflich sind.
Georges-Louis Leclerc, Comte de Buffon, "Histoire naturelle, générale et particuliére" (Allgemeine und spezielle Naturkunde),1749. Graf von Buffon plante 50 Bänder seiner populärwissenschaftlichen Naturkunde, veröffetlicht wurden letztendlich nur 44, allerdings war sein Werk so populär das verschiedene Ausgaben, sogar für Kinder, gedruckt wurden.

Die Gams aus "Buffon´s Natural History" (1791).

Samstag, 3. September 2016

Der Vulkan lebt - Die Wiederbesiedelung vulkanischen Ödlands

Das Unbedeutende und das Außergewöhnliche sind beide die Architekten der Natur.
Carl Sagan


In 1883 explodierte die Vulkaninsel Krakatoa in einer Nacht und einen Tag. Die 25 Quadratkilometer großen Reste wurden von bis zu 30m Asche zugedeckt. Die ersten Naturforscher, unter der Leitung des Ingenieur und Geologen R.D.M. Verbeek, besuchten die traurigen Reste am 15. Oktober 1883 und sammelten Gesteinsproben in der verwüsteten Landschaft  – jegliches Leben schien ausgelöscht zu sein.  

Abb.1. Die Reste von Krakatoa,  Abbildung aus Verbeek, R.D.M. (1885) Krakatau.

Aber nach nur drei Jahren konnten die ersten Algen und Farne, insgesamt 26 verschieden Pflanzenarten, nachgewiesene werden. Elf Jahre später tauchten die ersten Grasarten auf und die Baumart Casuarina equisetifolia, die Farne wurden vor allem im Inselinneren von einer Savanne-ähnlichen Landschaft mit hochwachsenden Gräsern verdrängt. Um 1906 tauchte immer mehr Baumarten auf (Ficus und Macaranga), 20 Jahre später waren die Inselrest schließlich wieder mit einem tropischen Dschungel bedeckt.  Krakatoa war das erste gut erforschte Beispiel einer Florenabfolge nach einer beträchtlichen Störung und maßgebend für spätere Untersuchungen wie Pflanzen vulkanisches Neuland kolonisieren.
 
Surtsey ist eine Vulkaninsel die am 14. November 1963 aus den Fluten auftauchte. Zunächst wurde vulkanisches Lockermaterial abgelagert, ungefähr sechs Monate nach dem Auftauchen folgten Lavaflüsse die die neugeborene Insel stabilisierten. Als die Eruption im Juni 1967 endete, war die Insel 174m hoch und 2,45 Quadratkilometer groß. In 1965 wurde als erste Pflanze ein Meersenf entdeckt. Als erste Landtiere wurden 1975 Springschwänze entdeckt. Diese Gliederfüßer werden von der Oberflächenspannung des Wassers getragen und konnten so auf der jungen Vulkaninsel anlanden. Sogar eine Tomatenpflanze schaffte den Sprung auf die Insel.

Der Ausbruch des Mount St. Helens am 18. Mai 1980 war durch eine überrasschende Varietät von vulkanischen Phänomenen begleitet - eine Stein- und Glutlawine überdeckte mehr als 60 Quadratkilomter und verbrannte fünfzehn. Mehr als 550 Quadratkilomter von dichten Douglas-Tannen Wald wurden durch die Druckwelle der Eruption niedergemäht und die äusseren Zonen durch heißen Gase, Schlammströme und Aschefall verbrannt oder begraben.
 
Vor der Eruption wurden in den Lebensräumen rund um den Krater 286 Pflanzenarten gezählt, danach war nur noch eine graue Mondlandschaft übrig.
 
Die vulkanischen Ablagerungen wiesen völlig unterschiedliche geologische Eigenschaften als die vorherigen Böden auf - stark wasserdurchlässig mit einem sauren pH, schutzlos der gleissennden Sonne ausgesetzt - und doch, bereits ein Monat später wurden di ersten Pflanzen auf den Vulkanablagerungen entdeckt. 
Die Beobachtungen am St. Helens stellten einige Ansichten der klassischen Pflanzen-Sukzession, wie sie bei Besiedelung von Ödland erwartet wurde, in Frage: die theoretische langsame Abfolge von Pionierarten zu Arten einer Klimax-Gesellschaft fand so nicht statt. Zufällig eingebrachte Samen konnten sich rasch entwickeln. Anspruchsvollere Arten kamen so früher auf, anspruchslos Arten wie Moose spielten dagegen eine geringere Rolle. Arten verschiedener Pflanzengemeinschaften traten daher zusammen auf. 
Überlebende Individuen, Wurzeln und Samen in der Erde, und Überbleibsel der vorherigen Vegetation, wie die zahlreichen Baumstämme, spielten eine entscheidende Rolle, die Natur musste nicht komplett neu beginnen sondern konnte auf diese „legacies“ zurückgreifen. Um die 20 Pflanzenarten allein hatten in der verwüsteten Zone überlebt und von der weiteren, unbeeinflussten Umgebung wanderten schon bald weitere Pionierarten hinzu. So entwickelte sich die Vegetation in den Zonen in denen die Stämme liegen gelassen worden waren schneller und wies auch eine höhere Artenzusammensetzung auf.

 
Literatur:

DALE, V.H. & ADAMS, W.M. (2003): Plant reestablishment 15 years after the debris avalanche at Mount St.Helens, Washington. The Science of the Total Environment 313: 101-113

DÖRRIES, M. (2003): Global science: the eruption of Krakatau. Endeavour Vol. 27 No. 3: 113-116
WINCHESTER, S. (2003): Krakatoa – The Day the World exploded: August 27, 1883. Viking Books: 367 

Dienstag, 16. August 2016

Die Alpenpflanze - Überleben im Hochgebirge

Wenn wir die Alpenpflanze in ihrem Bau sowie in ihrem Leben richtig verstehen wollen, müssen wir die Abhängigkeit ihrer Organisation von dem Klima und Boden des Hochgebirge berücksichtigen.“
TURSKY, F. (1921): „Die alpine Flora in ihrer Abhängigkeit vom Klima und Boden des Hochgebirges

 
Steinbrech aus dem Venntal (21. Juni 2016).

Verschiedene anatomische Merkmale ermöglichen den Alpenpflanzen das Überleben im Hochgebirge:

- Ein stark entwickelte Wurzelsystem als im Untergrund geschützter Speicher.
- Verminderte Wasserabgabe durch Nadel-, Roll- oder Faltblätter. Filzige Behaarung und Blätter mit einer ledrigen Oberhaupt vermindern die Verdunstung durch Wind. Teilweise bilden sich sukkulente Formen aus.
- Ausdauernde Pflanzen herrschen vor, da die Sommer kurz sind benötigen die Pflanzen mehrere Vegetationsperioden um Samen auszubilden.
- Wachstum der Samen ist auch bis in die Winterzeit hinein verlängert.
- Viele Hochgebirgspflanzen überwintern mit großen Blättern um auch im Winter an schneefreie Tagen zu assimilieren.
- Ausbildung der Knospen schon im Herbst um unmittelbar nach der Schneeschmelze auszutreiben.
- Spezielle Wuchsformen wie Polster, flache bodennahe Rosetten, kriechende Sprosse und Zwergwuchs. Niedriger Wuchs schützt vor allem vor den eisigen und austrocknenden Hochgebirgsstürmen.
- Wegen der Seltenheit von Insekten sind viele Hochgebirgspflanzen Selbstbestäuber und bilden Flugsamen aus oder sie vermehren sich vegetativ.

Samstag, 9. Juli 2016

Die Alpen in Zahlen

Die Alpen von oben, Satellitenbild der NASA.
  • 2,5 Prozent der Gesamtoberfläche der Alpen sind künstliche Oberflächen
  • 10 Prozent der Flüsse der Alpen sind noch naturbelassen
  • 15 Prozent der Gesamtoberfläche sind vegetationslose Flächen, davon 1,8% Gletscher
  • 17,7 Prozent sind Agrarfläche
  • 18,1 Prozent Gras- und Buschvegetation
  • 45,3 Prozent wird von Wald bedeckt
  • Um 150 n.Chr. Werden die Alpen zum ersten Mal in der „Geographie“ des Ptolemäus erwähnt
  • Murmeltiere leben erst ab einer Höhe von 800m SH
  • Der Alpenbogen ist 1.200 Kilometer lang, an der schmalsten Stelle sind die Alpen an die 100, an der breitesten Stelle 250 Kilometer breit
  • 3.600 Quadratkilometer sind Gletscherfläche, um 1850 waren es noch 7200 
  • 30.000 Gipfel gibt es in den Alpen, davon sind 82 höher als 4.000 Meter
  • 40.000 Steinböcke leben in den Alpen heute, 100 waren es um 1821 als die Art unter Schutz gestellt wurde
  • Die Gesamtfläche der Alpen beträgt 190.959 Quadratkilometer
  • 13,6 Millionen Menschen leben in den Alpen, 7,8 Millionen waren es um 1870
  • 120 Millionen Menschen besuchen die Alpen jedes Jahr
  • 48x10^13 Tonnen wiegen die Alpen

Dienstag, 5. Juli 2016

Zeigerart: Pinus cembra

Koniferen spielen, aufgrund des Klimas, in der Vegetation der Alpen eine dominierende Rolle. In der submontanen Stufe (300/700-1.000m SH) kommen hauptsächlich Kiefer und Lärche vor, in der montanen Stufe (600/1.400-1.600m SH) kommen Fichte und Tanne dazu, in der subalpinen Stufe (1.400-2.000/2.200m SH) dominieren Fichte und Lärche. Die Fichte kommt gut mit dem rauem Klima aus und die Lärche besiedelt gerne auch steinige Böden.

Bestimmung der häufigen Alpen-Nadelbäume:
- Nadeln auf Ast verteilt:
--
Nadeln in einer Ebene, Zapfen aufrecht - Tanne (Abies)
--Nadeln spiralig um Ast verteilt, Zapfen hängen herab - Fichte (Picea)
- Nadeln auf Ast in Gruppen vereint:
– weiche Nadeln - Lärche (Larix)
– harte Nadeln - Kiefer (Pinus)

An der Waldgrenze überleben nur sehr widerstandsfähige Bäume, Klima, Schnee und schlechter werdende Bodenverhältnisse erschweren zunehmend das Aufkommen von jungen Bäumen – hier herrschen die verschiedenen Kieferarten vor.

Bestimmung der Kiefer-Arten der Alpen:
- Nadeln in Gruppen von 5 – Zirbe (P. cembra)
- Nadeln in Gruppen von 2
--Nadeln bis zu 19cm lang, dunkelgrün – Schwarzkiefer (P. nigra)
--Nadeln bis zu 8cm lang
---Nadeln bis zu 5cm lang, Rinde gräulich – Latsche (P. mugo)
---Nadeln bis zu 8cm lang, Rinde bräunlich – Waldkiefer (P. silvestre)

Die Waldkiefer, als Relikt der Eiszeit, kommt heute nur noch verteilt in den Alpen vor. An der Waldgrenze herrschen die Zirbe und Latsche vor. Die Latsche kommt auf trockenen, sonnigen Hängen, zumeist mit kalkhaltigem Untergrund, vor. 

Die Zirbe ist relativ selten und findet sich in den Zentralalpen (hauptsächlich in den Ostalpen) auf humusreiche Böden die sich aus kristallinen Gesteinen bilden. Man findet sie hauptsächlich zwischen 1.700-2.400m, sie kann aber auch bis auf 2.800m SH steigen. In dieser Höhenstufe kann sie die dominierende Baumart sein oder zusammen mit der Lärche aufkommen. Sie bevorzugt kontinentale Verhältnisse mit kalten, trockenen Wintern und heißen Sommern. 

 Abb.1. Zirbenstand in den Zentralalpen.

Die Zirbe findet sich oft an seltsamen Stellen, wie auf größere Felsblöcke, wachsend, wo sie sich dank ihrer ausgeprägten Wurzeln die sich auch seitlich ausbreiten können, festhält.  Dies kommt daher das bei ihrer Verbreitung der Tannenhäher (Nucifraga caryocatactes) eine wichtige Rolle spielt. Dieser Vogel sammelt und versteckt die Samen und bevorzugt als Verstecke einzeln stehende Felsböcke, Stämme oder isolierte Bäume.

Abb.2. Die Zirbe, mit zunehmenden Alter kann die Krone lichter werden und die Form unregelmäßiger.

Samstag, 2. Juli 2016

Zitat: Nichts ist für euch hier selbstverständlich ...

Nichts ist für euch hier selbstverständlich, nichts ohne Kampf und Opfer zu haben, am wenigsten, dass ich euch am Leben lasse. Wehrt euch also mit Händen und Füßen, ringt um euer Leben mit all euren eingerosteten Sinnen, mit heißen Herzen und klugen Hirn; dann erntet ihr auf dem Felde des mitleidlosen Todes die süße Frucht der Freude am Leben.“ 
Bergpionier Eugen Guido Lammer (1863-1945)

Talschluss des Pfitschtales im Juni 2016

Zitat: Wilddiebe sind die besten Geleiter ...

Wilddiebe sind die besten Geleiter; denn sie wissen sich in der größten Gefahr herauszuhelfen, sie sind unermüdet, abgehärtet, können eine große Last tragen, wissen alle Schlupfwinkel des Gebirges, und man ist sicher, daß man bei ihnen nicht verhungert.
Baltazar Hacquet (1739/40-1815)

Auf der Gamsjagd, Karikatur von Heine Thomas Theodor (1867-1948).

Montag, 30. Mai 2016

Biomineralien

Ein Mineral ist ein natürlicher, anorganischer Bestandteil der festen Erdkruste”, allerdings spielen Mineralien auch in organischen Strukturen, also in Lebensformen, eine Rolle. Aufgrund ihrer Härte sind sie geeignet für Schutz- oder Stützfunktionen an denen Muskeln oder Organe ansetzten können.

Karbonat (Calcit und Aragonit) ist das häufigste und verbreitetste Biomineral - 19 Tierstämme verwenden diese Mineralgruppe. 

Abb.1.Apatit (Lodner, Südtirol).

Apatit ist bei Wirbeltieren, in ihren Knochen und Zähnen, weit verbreitet. Bei Wirbellosen findet sich das schwer lösliche Apatit nur bei Brachiopoden und den ausgestorbenen Trilobiten.  Ein menschlicher Knochen besteht zu 35% aus anorganischen Komponenten – Calciumphosphat, Calciumcarbonat, Magnesiumphosphat, Calciumflourd, Calciumchlorid und Alkalisalze.
Das Knochengewebe besteht aus Knochenzellen, die über feine Zellausläufer miteinander in Verbindung stehen. In der Grundsubstanz sind regelmäßig Apatitkristalle (Hydroxylapatit, Flourapatit, Brushit) eingelagert die den Knochen Festigkeit verleihen. Diese Kristalllamellen werden durch spezialisierte Zellen, den Osteoblasten, gebildet und in einer Grundmatrix aus Kollagenen eingelagert.

Quarz ist eines der häufigsten Mineralien in der Erdkruste, allerdings weit weniger verbreitet im Tierreich. Die einzelligen Radiolarien und Diatomeen verwendet Kieselsäure um ihre zarten Gehäuse aufzubauen, bei höheren Tieren sind einzig die Kieselschwämme bekannt die ihre Stützstrukturen aus Quarz aufbauen.

Abb.2. Quarz-Stufe.

Dienstag, 10. Mai 2016

Die Sage der Fanes

Das Leben kleidet die weichen Formen der Gräser, der Blumen, der zarten Blätter, beseelte das Holz und die mächtigen Stämme, die rauen Steine, die schroffen Felsen, die wilden und menschenfeindlichen Gebirge.
 
Der Sage nach waren das Murmentel und der Adler die ersten Tiere. Wachsam und emsig ist das  Murmentel, es lebt in Gemeinschaft zwischen den Steinen, gräbt seinen Bau tief in die Erde hinein und kennt die geheimen unterirdischen Gänge. Laut pfeift das  Murmentel beim ersten Anzeichen der Gefahr, das drohende Unheil den Gefährten zu melden. Sein Wesen ist friedlich, ein Kind der Erde ist es und in der Erde sucht es Zuflucht.
Sohn der Winde und Höhen ist der räuberische Adler, über den Wolken und Gipfel segelt er hinweg, König der Lüfte. Er lebt allein und leidet keine Rivalen. Im Sturzflug schießt der Adler zu Boden, er greift seine Beute mit scharfen Klauen, hält sie fest, entreißt sie die Erde und bringt sie in sein unerreichbares Nest. Der Adler ist Feind des  Murmentels. Die ersten Tiere und schon die ersten Kriege
.“
Die Sage der Fanes (Lienda de Fanes), nach Heinz Kostner und Claudio Poli (um 1980)

Das Parlament der Murmeltiere auf der Fanes-Hochfläche, Dolomiten.

Literatur:

LEITNER, U. (Hg.) (2014): Berg & Leute - Tirol als Landschaft und Identität. Innsbruck University Press: 492

Zeigerart: Oxalis

Die Sauerklee-Art Oxalis acetosella, typisch für Nadelwälder mit sauren Böden.

 Oxalis acetosella bei Dieteheim,Pustertal (07. Mai 2016).

Sonntag, 17. April 2016

Zitat: Selbst in Augenblicken der höchsten Gefahr ...

selbst in Augenblicken der höchsten Gefahr und der schwersten Mühseligkeitn, wenn die Hand an einem schwankenden Steine sich festhielt, und der Fuß am Rande des Abgundes kaum Raum fand, doch kein Pflänzchen zur Rechten und Linken vergessen.“ 
Guido Görres im Vorwort zu A. Einsele „Zugspitz Besteigung“ (1835)


Jahn Gustav,  Plakatentwurf von 1910 mit dem Aufruf zum Schutz der Alpenpflanzen.

Samstag, 30. Januar 2016

Zitat: Die Pflanzenwelt ist das Kleid der Erde, ...

"Die Pflanzenwelt ist das Kleid der Erde, das als lebende und belebende Hülle ihre tote Masse bedeckt, die Starrheit ihrer Formen mildert und jeden Teil der Bergwelt recht eigentlich erst einen Reiz verleiht. Sie ist es, die unsere Matten gleich einen üppigen musterreichen Teppich vor die schroffen Felswände hinbreitet und die uns oft in den steilsten Gesteinsformationen noch mit zierlich prangenden Blüten erfreut – dort, wo jeder Pflanze  des Tieflandes der Standort zu eisig, der Hang zu steil und der Fels zu hart wäre. Mit auffallender Mannigfaltigkeit und mit seltenem Reichtum an Formen tritt die alpinen Flora in den bergen auf und erschließt ihre farbensatte Schönheit jedem, der sich ihr liebevoll naht, jedem, der in den niedlichen Kindern des Blumenreichs seien Aufmerksamkeit zuwendet. Wollen wir doch in Hinkunft nicht allein mit Bewunderung, sondern auch mit verständnisvoller Betrachtung uns mit den Eigenheiten der alpinen Flora beschäftigen, den tausendfältigen Beziehungen zu ihrer engeren und weiteren, zu ihrer toten und lebendigen Umgebung Aufmerksamkeit schenken – geleitet von dem Gedanken, daß die Alpennatur in ihrer ganzen Größe nur der richtig verstehen kann, der dieselbe auch im Kleinen, in ihrer Einzelheiten beachtet und betrachtet !"
Franz Tursky, Klimatisch-geologische Abhängigkeit der alpinen Flora.

Sammelkarte mit der Alpinen Flora, um 1903.

Sonntag, 3. Januar 2016

Zitat: die Alpenpflanze...

Wenn wir die Alpenpflanze in ihrem Bau sowie in ihrem Leben richtig verstehen wollen, müssen wir die Abhängigkeit ihrer Organisation von dem Klima und Boden des Hochgebirge berücksichtigen.
TURSKY, F. (1921): „Die alpine Flora in ihrer Abhängigkeit vom Klima und Boden des Hochgebirges

"Le Dessous du Glacier de Grindelwald", von Bleuler Johann Heinrich (1758-1823).

Vom Bergbau, Waldrodung und Umweltzerstörung

Jede Zivilisation, ob sesshaft oder Jäger-Sammler, schädigt oder verbraucht die natürlich vorkommenden Ressourcen ihrer Umgebung. Bereits in der Vorgeschichte folgte dem Auftauchen des Menschen ein Massensterben an Großwild. Der frühe Mensch jagte nicht nur direkt die Tiere, sondern durch Brandrodung zerstörte er oft auch ihre Umwelt. Ackerbau verwandelte Wälder in Monokulturen in denen nur gewissen Pflanzen das Wachstum erlaubt wurde. Diese einseitige Nutzung des Bodens laugte ihn aus, ständige künstliche Bewässerung führte zur Versalzung des Bodens und die absterbende Pflanzen konnten den Boden nicht mehr vor der Erosion schützen. 
Bereits der griechische Philosoph Platon (428/427 oder 424/423 bis 348/347 v.Chr.) beklagt:
 
Der gesamte humusreiche und saftige Boden von den höher gelegenen Ländereien gleitet unaufhörlich abwärts und verschwindet in der Tiefe. Nur das nackte Gerippe des Gebirges, dem Skelett eines Kranken gleichend, ist übrig geblieben. Der kärgliche Boden des vegetationsarmen Landes kann die jährlichen Niederschläge nicht mehr aufnehmen. Sie fließen rasch ins Meer, sodass die Quellen und Bäche versiegen.“
 
Die griechischen und später römischen Flotten verschlangen Unmengen an Holz, so dass entlang des Mittelmeers ganze Küstenabschnitte kahlgeschlagen wurden. Auch in den Alpen kann mittels Pollenanalyse das Erscheinen der Römer und ihren Einfluss auf die Vegetation nachgewiesen werden. Die Römer betrachteten Wälder als unkultivierte Wildnis und Rodungen waren daher auch eine politische Handlung, wobei auch hier einzelnen Stimmen, wie von Plinius der Ältere (23 oder 24 n.Chr. bis 79 n.Chr.), auf die Gefahren der Erosion und Hochwasser hinweisen. Die römischen Rodungen sind auch durch eine verstärkte Sedimentation rund um Rom nachweisbar.
Die römischen Bergwerke für Gold und Eisen hatten der Landschaft schweren Schaden zugefügt. Plinius der Ältere schreibt in seiner „Naturalis historia“ „Als Sieger blicken die Bergleute auf den Einsturz der Natur … Wie unschuldig glückselig, ja wie prächtig wäre das Leben, wenn wir nicht anderes, als was über der Erde ist, begehrten.“ 


Abb.1. Im 16-18. Jahrhundert werden die Alpen langsam von technischen und wissenschaftlichen Neuerungen erobert, in diesem Bild des Holländischen Künstlers C.D.Van der Hech sieht man einen Bergbau als Zeichen der Zivilisation, der fast schon im Widerspruch mit der unberührten Berglandschaft erscheint.

Während den Wirren der Völkerwanderung erholte sich der Wald, vor allem in den Talebenen breitete sich Auenwald aus. Die Rodung nahm ab dem Mittelalter wieder beträchtlich zu, durch Nutzung der Hochflächen als Weiden und vor allem durch das nötige Brennmaterial der Schmelzöfen der zahlreichen Bergwerke

Im Mittelalter führten die Rodungen im Einzugsbereich der Flüsse zur Zunahme der Erosion und Absenkung des Grundwasserspiegels. Gerodete Flächen lassen mehr Wasser abfließen und mehr Boden wird abgetragen. Allein die Waldschicht hält wie ein Schwamm 10-15% der Niederschläge zurück (und bis zu 30% an Schneefälle), die Abflussgeschwindigkeit am Waldboden ist gerade mal 25%  der Fließgeschwindigkeit auf nackten Boden.  Nach einer Rodung führt das zusätzliche Wasser zur Erosion von Erde und Gestein, dieses Sediment wird von den Gebirgsbächen den größeren Flüsse zugeführt.
Die zusätzliche Sedimentfracht verschlammte die weiter unten liegenden Flüsse. Stehende Gewässer waren aber ein perfektes Brutgebiet für Stechmücken die die Malaria verbreiteten. Im eigenen Interesse führten daher die Venezianer als Erste eine Art Naturschutz ein. In eigens angelegte Forste wurde Bauholz gewonnen um so zeitgleich die natürlichen Wälder als Erosionsschutz zu erhalten. Aber das Bevölkerungswachstum im europäischen Mittelalter führte zu einer immer stärkeren Nutzung und Überbeanspruchung der Wälder, so das erste Nutzungsbeschränkungen eingeführt wurden um Schutzwälder im Gebirge zu erhalten. Um 1591 verfügte die Salurner (Südtirol) "Rigelordnung": 


"Es soll auch niemand keinen raut im Wald nit machen noch prennen, weder jetzt oder hinfür, ob aber in ain ort verhanden wär, da ainer gar ohn schaden mit nuzperkait gmacht werden mechte, das selb ort sollen die viertlmaister außzezeigen gwalt haben."
 
Erst mit Ausbruch großer Seuchen im 14. Jahrhundert schrumpfte die Bevölkerung und die Wildnis konnte sich einige Jahrhunderte lang erholen. Mit dem Erneuten Aufkommen von Bergbau und vor allem dann  mit der industriellen Revolution begann eine neuerliche Attacke an den Wäldern Europas von nie gesehenen Ausmaß.
 
Im Jahre 1713 publizierte der Oberberghauptmeister in Freiberg (Zentrum des Bergbauwesen im Erzgebirge, die Gewinnung von Silber, Kupfer, Zinn und Kobalt verschlang gewaltige Mengen an Holz), Hans Carl von Carlowitz (1645-1714), ein Buch mit dem Titel „Sylvicultura oeconomica – Anweisung zur Wilden Baum-Zucht“. Aus einer adeligen Familie stammend, die das Floßwesen im Erzgebirge überwacht hatte, hatte er Erfahrung mit der (Über-)Nutzung des Waldes und spätere ausgedehnte Studienreisen bestätigten ihn in seiner Sichtweise.„Binnen wenig Jahren ist in Europa mehr Holz abgetrieben worden als in etzlichen seculis wachsen“, für kurzfristigen Profit wird der Wald gerodet aber „...durch Säen und Pflantzen und andere gehörige Arten in Stand erhalten werde, darauf denckt fast niemand.“ In seiner Sylvicultura fordert Carlowitz deshalb die „nachhaltende Nutzung“ dieser Ressource.

Abb.2. Waldrodung um 1700, aus "Sylvicultura oeconomica".

Im 20. Jahrhundert setze schließlich Umweltverschmutzung den Wäldern zu. Heutzutage führt das Auflassen von Siedlungsraum in den Alpen zu einer erneuten Zunahme des Waldanteils, wobei es jedoch lokal doch auch große Probleme mit Schipisten oder Verbauungen gibt.
 
Literatur:
 
THOMMEN, L. (2009): Umweltgeschichte der Antike. Verlag C.H.Beck: 188