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Sonntag, 26. August 2018

Das abenteuerliche Leben des Déodat de Dolomieu

Jedes Jahr eilte ich zu einer Bergkette, stieg auf ihre Gipfel, um jene tiefen Eindrücke zu empfinden, die aus der Betrachtung des weiten Horizonts entstehen. Da oben dachte ich nach über die Entstehung der Erdkugel, die Umwälzungen, die sie erfahren hat, die Vorgänge, die ihre Formen verändert und den heutigen Zustand bewirkt haben…Wie ich so nach und nach höher stieg und meinen Gedanken immer weiteren Raum gab, verstärkte sich auch mein Weltbild: Mein Horizont stieß auf immer weniger Grenzen.“
Diedonnè-Silvain-Guy-Tancrede de Gvalet de Dolomieu

 
Diedonnè-Silvain-Guy-Tancrede wurde am 23. Juni 1750 in der Pfarrei von Dolomieu (Provinz von Dauphinè, Frankreich) geboren. Ungewöhnlich für seine Zeit und seinen Stand, erhielt er keinen privaten Unterricht, sondern brachte sich das Lesen selbst bei und erforschte selbständig die Natur in seiner näheren Umgebung. Mit erst 12 Jahren trat in den Militärdienst ein. Im Jahre 1771 kam er nach Paris, wo er zum ersten Mal mit gleichgesinnten Intellektuellen zusammentraf. Dort lernte er auch den Naturkundler und Mineralogen Horace-Benedict de Saussure kennen. Trotz seines Interesses an der Geologie, er verzichtete sogar mehrmals auf Posten, um sich weiter den Studium zu widmen,  ging es mit seiner militärischen Karriere voran. Im Zuge seiner militärischen Verpflichtungen und auch aus Interesse reiste er viel. Er besuchte mehrmals Spanien, Italien und Malta und plante auch eine Reise nach Deutschland. Dolomieu war ein unruhiger Geist und unterstützte auch liberale politische Ansichten, was ihm einige Feinde einbrachte. Einer seiner frühen Unterstützer, der Mineraloge AlexandreDuc de La Rochefoucauls, wurde vor seinen Augen umgebracht. In 1796 wurde er von der neuen, revolutionären Regierung zum Mineningenieur, Professor und Mitglied des Institut National in Paris befördert und lehrte an der bergmännischen Schule in Paris. Später nahm er mit Napoleon Bonaparte am Feldzug nach Ägypten teil und erforschte den Nil. Bei der Rückreise, nach dem gescheiterten Feldzug, wurde er im Königreich Sizilien gefangen genommen und als Kriegsgefangener verurteilt,
Seine früheren politischen Streitereien holten ihn nun ein. Auf Druck der Erzherzogin Maria Karolina von Österreich wurde in Messina eingekerkert. Aus dem Ruß der Kerzen, die seinen dunklen Kerker erleuchteten, fertigte er Tinte an und verfasste am Rand der wenigen Bücher, die er herein-geschmuggelt hatte, seine „Mineralogische Philosophie.“ Angeblich nutzte Alexandre Dumas de Dolomieus Gefangenschaft als Inspiration für die Figur eines verschrobenen, aber genialen, Aristokraten in seinen Roman „Der Graf von Montechristo.
Durch den Sieg bei Marengo konnte Napoleon die Herausgabe des Gefangenen nach 3 Jahren Kerkerhaft erzwingen. Dolomieus Rückkehr nach Paris wurde gebührend gefeiert und er nahm auch seine Lehrtätigkeit zunächst auf, zog sich aber bald in das Massif Central zurück, wo eine seiner Schwestern lebte. Seine geologische Sammlung lag noch in Malta, wobei die dortigen Behörden die Sammlung Italien vermachen wollten, während Dolomieu eher an Frankreich oder Schweiz, ja sogar den jungen Vereinigten Staaten, dachte. Am 26. November 1801 starbt Dolomieu, gerade mal 51 Jahre alt, an durch die in Gefangenschaft verursachte körperliche Schwäche.

1791 hatte Dolomieu einen kurzen Bericht "über eine Art von Kalkgestein, welches nur schwach mit Säure reagiert und Phosphoreszenz beim Anschlagen zeigt" veröffentlicht. Das Gestein, das er in den Tiroler Bergen angetroffen hatte (Stubaier Alpen und bei Bozen), fand er später auch verbaut in eine römische Ruine. Das Gestein war auch verwitterungsresistenter und bildete, so Dolomieu, "die oberste Bedeckung in den Alpen aus." Bei Bozen fand er auch Kristalle der neuen Mineralart, die er zunächst als „Perlen-Spat“ bezeichnete. Die kleinen rhombenförmige Kristalle wiesen eine gekrümmte Kristallfläche auf und, wie das Gestein, lösten sie sich nur langsam in Säure auf. 


Die ersten chemischen Analysen des neuen Minerals durch Nicolas-Theodore de Saussure (Sohn von Horace-Benedict de Saussure) wiesen zunächst hohe Werte von Silizium und Aluminium auf (zur damaligen Zeit, da Aluminium als Metall noch unbekannt war, als Tongehalt angegeben). 1792 publizierte er seine Analysen in einem Artikel mit dem Titel “Analyse de la Dolomie”, wo er vorschlug, zu Ehren Dolomieus das neue Mineral als Dolomit zu bezeichnen. Erst der Chemiker Tennat erkannte um 1799 den Fehler und bestimmte Magnesium und Calcium als Hauptkomponenten des Dolomit.
Saussure wiederholte seine Analysen und bestätigte die neue Formel. In 1808 erkannte Klaproth, das Perlen-Spat und Dolomit-Gestein ein und dasselbe sind, es sich um ein Salz von Magnesium und Kalzium mit der Kohlensäure handelt, und bestätigte Dolomit als ein eigenständiges Mineral. Aber noch 40 Jahre lang geisterten die falschen chemischen
Werte in der Fachliteratur herum. 

„So viele Dolomitenzinken ich in Venetien und Tirol gesehen habe: den Geislerspitzen kommt an Jähe und Zerissenheit nichts gleich von all dem, was da aufstarrt.“ Reiseschriftsteller Heinrich August Noë (1835-1896).

„Sie schienen so wenig Teil der grünen Hänge zu sein, auf denen sie standen, dass sich in uns die Vorstellung entwickelte, es handelte sich um Eisberge aus Stein, die wieder davontreiben und das Land spurlos verlassen konnten.“ So schreiben in 1864 die beiden englischen Reiseschriftsteller Josiah Gilbert und George Cheetham Churchill in ihrem Buch “The Dolomite Mountains”. Ab 1876 setzte sich dann der Namen Dolomiten für die Bleichen Berge durch. Übrigens der einzige Fall in dem das Mineral einer Gegend den Namen gab und nicht umgekehrt.

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