Ein sich wiederholendes Thema in Mythen rund um Gletscher ist das Eis als Strafe für die Verschwendung von natürlichen Reichtum in einem, heute vergangenen, goldenen Zeitalter.
Laut Sage soll sich wo heute die Pasterze befindet einst eine herrliche Alm ausgebreitet haben. Als aber die reichen Einheimischen einen armen Bettler verjagten, rückte das Eis heran um die Alm und die herzlosen Menschen unter sich zu begraben. Ähnliche Sagen gibt es vom Vernagt Ferner (Ötztaler Alpen), Marmolata (Dolomiten), Mer de Glace (Mont Blanc), Lötschenalm (Schweizer Wallis), Blüemlisalp (die übergossene Alm, Schweizer Thun) und Dachstein-Gebirge. Der Übergossene Alm/Blümelisalp-Sagentyp ist bis um 1700 nachweisbar. Vielleicht hat dieser Sagentyp seinen Ursprung in tatsächlichen klimatischen Begebenheiten. Im Laufe des 13. zum 15. Jahrhunderts erlebte die Almwirtschaft in den Alpen eine Hochblüte wie zahlreiche Hochalmen in höheren Gebirgsregionen bezeugen. Im 16. Jahrhundert kam es aber zu einer merklichen Klimaverschlechterung und Gletschervorstöße die sich auch auf die Almwirtschaft auswirkten. In klimatisch ungünstigen Zeiten und wenn Gletscher wuchsen kam es zu späteren Auftriebs- und frühere Abtriebszeiten und oftmals mußte ein Kuhhimmel in ein Schafgebirge umgewandelt werden oder auch ganz aufgegeben werden, weil das Vieh einfach nicht mehr genügend Futter finden konnte. In einer zeitgenössischen Chronik heißt es "Und ein Ferner, der sich weit vorgeschoben, hat sie so sehr verdorben, dass sie jetzt nur mit Galtvieh befahren wird."
"Die Bewohner des Hasli-Tals im Kanton Bern klagen, dass die immer größer werdenden Eismassen sich ganze Täler bemächtigt und fruchtbares Land unter sich begraben haben […] Die Grindelwalder klagen, dass eines ihrer kleinen Täler, das heute unter Eis verschüttet liegt, früher zugänglich war und man es passierte, um die Bäder von Ficher im Wallis aufzusuchen. Die Leute von Lauterbrunnen versichern, dass die Hänge ihrer Berge früher herrliche Weiden waren; […] heute jedoch sind alle diese gebiete unter Eisschichten begraben. Die Bewohner des Silben-Tals sagen, dass die Eismassen vom Gelten und Roestli nach und nach das fruchtbare Land vereinnahmen.“ Gottlieb Sigmund Grüner um 1760.
"Diese ausgedehnten Eisflächen sind weit davon entfernt zu schrumpfen, sondern werden immer größer und umfangreicher; sie schlucken alles angrenzende und tiefer liegende Gelände; man erkennt das an den Wipfeln der großen Bäume und sogar an den Kirchturmspitzen, die aus den Eismassen herausragen und die nur in manchen heißen Sommern sichtbar werden, weil dann das Eis um ein paar Meter abschmilzt; an manchen Stellen ist die Eismasse jedoch etwas hundert Klafter dick und seit Menschengedenken nicht geschmolzen. Es liegt daher nahe, dass die Wälder und der Kirchturm, die in dickem und ewigem Wis eingeschlossen sind, auf Boden stehen, der vor langer Zeit entdeckt und besiedelt wurde, als es nicht so kalt war wie heute."
Buffon in seiner "Histoire Naturelle" (1799)
Möglicherweiße beruhen die Sagen auf noch ältere Beobachtungen und Klimaschwankungen. Mittelsteinzeitliche Jäger sind in den Hohen Tauern um 9.000-5.000 v.Chr. nachweisbar. Um 5.500 bis 2.500 BP sind Brandrodungen nachweißbar, mit denen Wald durch Wiesen ersetzt wurde, ob bereits für Beweidung ist unklar. Ab dem 4. Jahrtausend ist Almwirtschaft über der Baumgrenze belegbar, in der Form von Sommerweide für Schafe und Ziegen. Der Höchstand der Waldgrenze wurde im Atlantikum (8.000-5.000 BP) auf 2.300-2.500m SH erreicht. Natürliche, klimabedingte Schwankungen betrugen 150-200m, erst der Mensch drückte die Waldgrenze um mehrere hunderte von Metern nach unten. Im Klimaoptimum um 1180-1300 war die Baum- bzw. Anbaugrenze in den europäischen Hochgebirge noch um 100-200m höher als heute. Aussagen in Sagen wie „I denk die Villander Alp neunmal Wies und neunmal Wald“ (aus einer Sage vom Villander „Almkoat“, einem Wesen halb Mensch-halb Tier) könnten sich auf die Nutzungsänderungen oder die Auflassung von Almen, Mensch- und Klimabedingt, berufen. Aufgelassene Almen wurden rasch von Wald zurückerobert, sobald das Klima es zuließ kam der Mensch zurück der den gewachsenen Wald schlägerte.
Auch Almenbezeichnungen in den Alpen scheinen sich auf die alten Zeiten, als Hochalmen noch klmatisch bedingt weiter verbreitet waren, zu beziehen. Der Name Pasterze bezieht sich zum Beispiel auf Weideland. Die Bezeichnung ist romanischen Ursprungs, wobei nicht klar ist ob sich der Begriff direkt auf das Gletschergebiet oder nah gelegenes Weideland bezog.
Auch in den Dolomiten scheinen ähnliche Sagen von einer Veränderung des Klimas inspiriert worden zu sein, vielleicht von einer niederschlagsreichen Phase zu einer eher trockenen Zeit. Einst kam ein Fremder in das Grödental mit seiner Herde auf der Suche nach noch freien Weideplätzen Er wurde von den Einwohnern in das Val dla Salieres (Wasserrinnental) geschickt – ein ödes Steinkar am Fuße der Geisler. Kurz bevor seine Herde verdurstete tauchte eine junge Gana auf. Ganas und Salvans sind ladinische Sagenfiguren die dem Menschen meist gut gesinnt sind. Sie haben besondere Naturkräfte und personifizieren diese auch. Einst wurden damit wohl die von den Siedlern in die Berge verdrängten Ureinwohner bezeichnet, die von den Bergen und ihren Gesetzmäßigkeiten noch mehr wussten als die neuen Generationen der rodenden Bauern. Sie zeigte ihn einen Weg zu einem geheimen Felsentor, das sich öffnete und ein klarer Wasserbach trat hervor. Das Wasser floss über das Steinkar und bald wuchs Gras und eine reiche Alm entstand. Eines Tages aber jagte der hochnäßig gewordene Bauer die Gana fort… die Gana floh, aber am Felsen angekommen drehte sie sich um und verwünschte die Alm.
Die Quelle versiegte und die Alm verödete und heute sind am Fuß der Geisler nur mehr ausgetrocknete Steinkare anzutreffen. Wo einst die Herden prächtig gediehen, ergießen sich aus dem Val Ega und Val dla Salieres heute unaufhaltsam Schuttströme auf die einstigen Weiden von Cisles. Die Steinhalde wird sich stetig ausbreiten und schließlich auch die fruchtbaren Cisles und Mastlé Almen überlahnen und bis weit hinunter ins Tal alles Leben ersticken.
Neuere Forschungen zeigen ein wesentlich komplizierteres Bild, zumindest in der Neuzeit. In klimatisch ungünstigen Phasen wurde zumeist die Nutzung der Hochgebirgsregionen geändert, nicht völlig aufgegeben. Wenn Not auch in Tallagen herrschte war eine völlige Aufgabe kaum möglich, eher wurde versucht Dauersiedlungen in Almen umzuwandeln oder Almen in Hochweiden für Kleinvieh oder auch nur Mähwiesen bzw. Almmatten. Die Bewirtschaftung der Almmatten ermöglichte es so zumindest das Vieh im Tal mit zusätzlicher und dringend benötigter Nahrung zu versorgen.
"Diese ausgedehnten Eisflächen sind weit davon entfernt zu schrumpfen, sondern werden immer größer und umfangreicher; sie schlucken alles angrenzende und tiefer liegende Gelände; man erkennt das an den Wipfeln der großen Bäume und sogar an den Kirchturmspitzen, die aus den Eismassen herausragen und die nur in manchen heißen Sommern sichtbar werden, weil dann das Eis um ein paar Meter abschmilzt; an manchen Stellen ist die Eismasse jedoch etwas hundert Klafter dick und seit Menschengedenken nicht geschmolzen. Es liegt daher nahe, dass die Wälder und der Kirchturm, die in dickem und ewigem Wis eingeschlossen sind, auf Boden stehen, der vor langer Zeit entdeckt und besiedelt wurde, als es nicht so kalt war wie heute."
Buffon in seiner "Histoire Naturelle" (1799)
Möglicherweiße beruhen die Sagen auf noch ältere Beobachtungen und Klimaschwankungen. Mittelsteinzeitliche Jäger sind in den Hohen Tauern um 9.000-5.000 v.Chr. nachweisbar. Um 5.500 bis 2.500 BP sind Brandrodungen nachweißbar, mit denen Wald durch Wiesen ersetzt wurde, ob bereits für Beweidung ist unklar. Ab dem 4. Jahrtausend ist Almwirtschaft über der Baumgrenze belegbar, in der Form von Sommerweide für Schafe und Ziegen. Der Höchstand der Waldgrenze wurde im Atlantikum (8.000-5.000 BP) auf 2.300-2.500m SH erreicht. Natürliche, klimabedingte Schwankungen betrugen 150-200m, erst der Mensch drückte die Waldgrenze um mehrere hunderte von Metern nach unten. Im Klimaoptimum um 1180-1300 war die Baum- bzw. Anbaugrenze in den europäischen Hochgebirge noch um 100-200m höher als heute. Aussagen in Sagen wie „I denk die Villander Alp neunmal Wies und neunmal Wald“ (aus einer Sage vom Villander „Almkoat“, einem Wesen halb Mensch-halb Tier) könnten sich auf die Nutzungsänderungen oder die Auflassung von Almen, Mensch- und Klimabedingt, berufen. Aufgelassene Almen wurden rasch von Wald zurückerobert, sobald das Klima es zuließ kam der Mensch zurück der den gewachsenen Wald schlägerte.
Auch Almenbezeichnungen in den Alpen scheinen sich auf die alten Zeiten, als Hochalmen noch klmatisch bedingt weiter verbreitet waren, zu beziehen. Der Name Pasterze bezieht sich zum Beispiel auf Weideland. Die Bezeichnung ist romanischen Ursprungs, wobei nicht klar ist ob sich der Begriff direkt auf das Gletschergebiet oder nah gelegenes Weideland bezog.
Auch in den Dolomiten scheinen ähnliche Sagen von einer Veränderung des Klimas inspiriert worden zu sein, vielleicht von einer niederschlagsreichen Phase zu einer eher trockenen Zeit. Einst kam ein Fremder in das Grödental mit seiner Herde auf der Suche nach noch freien Weideplätzen Er wurde von den Einwohnern in das Val dla Salieres (Wasserrinnental) geschickt – ein ödes Steinkar am Fuße der Geisler. Kurz bevor seine Herde verdurstete tauchte eine junge Gana auf. Ganas und Salvans sind ladinische Sagenfiguren die dem Menschen meist gut gesinnt sind. Sie haben besondere Naturkräfte und personifizieren diese auch. Einst wurden damit wohl die von den Siedlern in die Berge verdrängten Ureinwohner bezeichnet, die von den Bergen und ihren Gesetzmäßigkeiten noch mehr wussten als die neuen Generationen der rodenden Bauern. Sie zeigte ihn einen Weg zu einem geheimen Felsentor, das sich öffnete und ein klarer Wasserbach trat hervor. Das Wasser floss über das Steinkar und bald wuchs Gras und eine reiche Alm entstand. Eines Tages aber jagte der hochnäßig gewordene Bauer die Gana fort… die Gana floh, aber am Felsen angekommen drehte sie sich um und verwünschte die Alm.
Die Quelle versiegte und die Alm verödete und heute sind am Fuß der Geisler nur mehr ausgetrocknete Steinkare anzutreffen. Wo einst die Herden prächtig gediehen, ergießen sich aus dem Val Ega und Val dla Salieres heute unaufhaltsam Schuttströme auf die einstigen Weiden von Cisles. Die Steinhalde wird sich stetig ausbreiten und schließlich auch die fruchtbaren Cisles und Mastlé Almen überlahnen und bis weit hinunter ins Tal alles Leben ersticken.
Neuere Forschungen zeigen ein wesentlich komplizierteres Bild, zumindest in der Neuzeit. In klimatisch ungünstigen Phasen wurde zumeist die Nutzung der Hochgebirgsregionen geändert, nicht völlig aufgegeben. Wenn Not auch in Tallagen herrschte war eine völlige Aufgabe kaum möglich, eher wurde versucht Dauersiedlungen in Almen umzuwandeln oder Almen in Hochweiden für Kleinvieh oder auch nur Mähwiesen bzw. Almmatten. Die Bewirtschaftung der Almmatten ermöglichte es so zumindest das Vieh im Tal mit zusätzlicher und dringend benötigter Nahrung zu versorgen.