In den Alpen spielt neben dem Klima auch die Geomorphologie eine wichtige Rolle für die Vegetation. Kalkgebirge weisen oft steile Klippen auf die den Bewuchs mit höheren Pflanzen fast unmöglich machen, obwohl von der Höhe und Klima her noch Baumwuchs möglich wäre. Silikatgebirge weisen eher sanfte Hänge, die mit Grasheiden bestanden sind, auf. Dies hängt teilweiße von der unterschiedlichen Verwitterbarkeit der Gesteine ab. Kalkgestein bildet Klippen aus und Schutthalden am Fuß der Felswände sind im Karbonatgebieten meist grobblockiger, während metamorphe Silikatgesteine eher sanfte Berghänge ausbilden und zu Feinschutt verwittern.
Schuttablagerungen am Fuß einer Felswand scheinen von weitem immer steiler zu sein als sie dann tatsächlich sind. Es handelt sich dabei um eine optische Täuschung.Sind die Bilder die unsere beiden Augen unter leicht verschiedenen Winkeln wahrnehmen zu ähnlich, kann das Gehirn keine Tiefenwahrnehmung mehr generieren, der obere Teil scheint daher der Basis des Schuttkegels angenähert zu sein. Von weitem verschwimmen auch die Details, wie Blöcke, auf dem Schutt und das Bild wird noch weniger klar für das Gehirn um es richtig zu interpretieren. Tatsächlich wird die Hangneigung von lockeren Material durch den inneren Reibungswinkel des Materials beschränkt. So ordnen sich Sandkörner dachziegelartig an und verhaken sich ineinander, sodass der Reibungswiederstand und damit der Reibungswinkel am größten ist und die Neigung 30-35° erreichen kann.
Schieferschutt bildet schwach saure bis basische Böden auf wenig geneigten Hängen aus, typisch ist hier eine Seifenkraut-Mannsschildflur-Gesellschaft.
Abb.1. Seifenkraut - Saponaria pumila (Caryophyllaceae).
Falls Bewegtschutt kommen Pionierpflanzen wie Gletscherhahnenfuß, Kriechender Nelkenwurz und Moschussteinbrech auf. Krummseggenrasen sind typisch auf humusreiche, stabilisierte und schwach geneigte (10-20°) Hänge der alpinen Stufe.
Grobblockhalden wie sie Bergstürze bilden werden von einem Silikat-Alpenrose-Lärchen-Zirbenwald, mit Unterwuchs der Rostroten Alpenrose, Heidelbeere, Preiselbeere, vereinzelt Eberesche, besiedelt. Auf feuchtere, tonige Böden, auf durchfeuchteten Hangschutt, Quellgebieten und Lawinenhänge kommt die Grünerle (Alnus viridis) auf.
Schutthalden, vor allem in Kalkgestein, sind instabile Lebensräume. Stetig rutscht das Material nach unten und von oben erfolgt Steinschlag. Schuttwanderer, wie das Täschelkraut (Thlaspi rotundifolium), überleben indem die Triebe der Bewegung nachgeben. Schuttüberkriecher breiten sich über die Gerölloberfläche aus. Wurzeln sind sehr viel flexibler in ihrer Form als der Spross, da sich die Wurzeln notgedrungen an die Verhältnisse im Boden anpassen mussten (Wurzeln von Gräsern haben eine Zugfestigkeit von bis zu 50kg/cm2, Bäume bringen
es zu 160 50kg/cm2).
Schuttstrecker überleben auch Überdeckung und treiben immer wieder aus. Schuttdecker und Schuttstauer, wie Gipskraut (Gypsophila sp.), Silberwurz, Blaugras (Sesleria) und Horstseggen (Carex) bilden erste Ruhepunkte in einer Schutthalde. Lotrechte Kalk- und Dolomitwände werden von Felspflanzen, die hier frei von Konkurrenz leben können, und mikroskopischen Algen und Flechten, die den Felsen zersetzten, besiedelt.
Abb.2. Täschelkraut - Thlaspi rotundifolium (Brassicaceae), verblüht.
Karbonat-Alpenrosen-Lärchenwald (Karbonatschuttgesellschaft) treten auf Kalk- und Dolomitgestein auf, meist an steile, nordexponierte Hänge. Rohschutthalden (mit flach- bis mittelgründige Humuskarbonatböden) fördern einen Blaugras-Horstseggen-Rasen.
Kalkschutt-“Reißen“ die manchmal bis ins Tal reichen werden durch die Legföhre (Pinus mugo) besiedelt.
Felsspaltengesellschaften Felsschuttgesellschaften und Rasengesellschaften spielen eine wichtige Rolle im Hochgebirge als stabilisierende Faktoren für Geröll- und Schutthalden.